
Die Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Stadt und Kreis Heinsberg waren und sind von Personen aus dem rechten Spektrum geprägt und mit gestaltet. Deutlich wird dies an einem der maßgeblichen Verantwortlichen, einem Mann Ende 20 aus Heinsberg. Seit 2010 in der Neonazi-Szene aktiv, wollte er diese zwischenzeitlich verlassen haben, gleichwohl nahmen an seinen Kundgebungen auch immer wieder Rechte bis Rechtsextremisten und „Reichsbürger“ teil. Zum Jahresende 2020 hin besuchte der Oberbrucher selbst wieder Versammlungen, die aus der rechten Szene organisiert waren und veranstaltete am 30. Dezember in Düsseldorf vor dem Rathaus eine Kundgebung, an der überwiegend Rechtsextremisten, Hooligans und Antisemiten teilnahmen.
Am Anfang war (k)ein Autokorso…
Vor Juni 2020 war es in Heinsberg und Geilenkirchen zu kleineren, zuweilen spontanen Protesten mit lediglich einer Handvoll Teilnehmenden gekommen. Die zumeist jungen Menschen im Bereich Heinsberg hielten eher spontane Sit-Ins ab, wirkten optisch eher wie Hippies oder Techno-Fans. Parolen und Losungen wurden dabei etwa mit Kreide auf dem Boden des Marktplatzes geschrieben. Der Versuch, in der beginnenden ersten Welle bundesweiter Proteste einen spontanen Autokorso am 2. Mai abzuhalten, scheiterte mangels Teilnehmer. Aufgerufen dazu hatte in einem Chat der Szene ein Mann aus dem Kreis Heinsberg, der zuvor schon an rechtsextremen Versammlungen – etwa in Mönchengladbach – teilgenommen hatte.
Zu Beginn des Autokorsos wollte man sich an der Sonnenscheinschule treffen. Hintergrund dieses Startpunktes war laut des spontanen internen Aufrufs ein dort geplanter Besuch von Landrat Stephan Pusch (CDU). Letztlich versammelten sich die rund fünf Personen aber nur zu einem lockeren Treffen. Eigens angereist dazu war ein „Reichsbürger“ aus Jüchen im Rhein-Kreis Neuss, der wenig später bei den Protesten in Düsseldorf mitorganisierend aktiv wurde. Der „Reichsbürger“, der in der verschwörungsideologischen Szene als HipHopper „Master Spitter“ bei Versammlungen bundesweite auftritt, engagierte sich zuvor schon beim rechtsextremen Verein „Mönchengladbach steht auf“ und nahm bis dahin an rechtsextremen und fremdenfeindlichen Versammlungen teil.
In Geilenkirchen organisierte seit Mitte Mai ein Paar „Mahnwachen“ auf dem Marktplatz. Beide waren bis dahin nicht durch rechte Ansichten aufgefallen. Gleichwohl stießen später auch hier Personen hinzu mit einer Nähe zur rechtsextremen Szene oder solche, die in Chats und sozialen Medien auch rechtsextreme und „Reichsbürger“-Inhalte verbreiteten. Nahezu regelmäßig fanden mit Unterbrechungen solche „Mahnwachen“ in Geilenkirchen statt, die Zahl der Teilnehmenden betrug meist rund fünf Personen, in Einzelfällen zuweilen rund zehn. Zum Jahresende 2020 hin begannen zudem „Lichtertreffen“ am Rathaus in Übach-Palenberg mit einer Handvoll oder weniger Teilnehmenden.
Obschon diese zuerst nicht angemeldet waren, duldeten die Behörden die Treffen auch während des Lockdowns. War eine junge Frau, die dafür mitverantwortlich zeichnete und die zu Beginn der Proteste in Heinsberg mitwirkte, zuerst nicht durch rechte Ansichten aufgefallen, setzte später eine Radikalisierung ein. Über soziale Netzwerke und Chats verbreitete die junge Frau dann auch Inhalte von rechten und rechtsextremen Seiten und Kanälen weiter, wenn diese im Zusammenhang mit Corona oder Covid19 standen. Kleinere andere Aktionen waren angeblich ein „Montagsspaziergang“ (Wegberg), ein Waldspaziergang zwecks Austausch – darunter auch „Reichsbürger/innen“ – im Birgelener Urwald (Wassenberg), ein Kreuzweg und Gebetsspaziergang am „Birgelener Pützchen“ (Kapelle, Wallfahrtsort) sowie ein sehr kleiner Autokorso mit vier Autos und vereinzelte Lautsprecherfahrten mit einem PKW (beide Übach-Palenberg).
Ein Besuch von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde Ende August im Kommunalwahlkampf in Übach-Palenberg von rund dreißig Störern begleitet, darunter auch solche aus dem rechten Spektrum und AfD-Mitglieder (etwa aus Herzogenrath). In Heinsberg fanden wenige Flashmobs statt, bei denen entweder provokativ eine Handvoll Aktivisten ohne Mund-Nasen-Bedeckung verschiedene Geschäfte betraten oder rund zehn Personen im Stile von Polit-Happenings in weißen Maleranzügen sowie maskiert durch die Einkaufsstraßen zogen.